Bericht über das 15. Symposium in Rom „Gerechtigkeit im Film“

Welches große Thema unserer Zeit ist nicht mit der Frage nach Gerechtigkeit verbunden? Der Klimawandel etwa bedroht die Generationengerechtigkeit, verstärkt aber auch die Ungleichheit zwischen Industrienationen und Entwicklungsländern und stellt die soziale Gerechtigkeit zwischen Arm und Reich auf die Probe, auch in Deutschland. Die Corona-Pandemie offenbart weitere Ungerechtigkeiten: Während Hunderttausende ihre Jobs verloren, wurden einige wenige noch reicher; Schülerinnen und Schüler aus armen Verhältnissen – schon zuvor mit schlechteren Chancen auf gute Bildung gestraft – bekamen ungleich mehr Schwierigkeiten in Lockdown und Home-School; Wohlhabende Nationen mussten schon Impfstoff wegschütten, bevor ärmere Länder überhaupt welchen hatten...

Fragen um die Gerechtigkeit sind freilich kein modernes Phänomen. Der Filmkritiker Georg Seeßlen schrieb dazu einmal: "Alle populären Filme sind, mehr oder minder deutlich, Ableitungen der 'großen Erzählungen' der fundamentalen Geschichten der Bibel". Der berühmte Mythologe John Campbell vertrat diese These universell und interreligiös. Demnach seien alle mythischen Heldengeschichten und Legenden weltweit gleich aufgebaut und behandeln zeitlose Fragen der gesamten Menschheit: auch die nach der Gerechtigkeit.

"Gerechtigkeit im Film" ist also ein ebenso brandaktuelles wie zeitloses und vielfältiges Thema, dem sich das 15. Symposium von TOP:Talente (T:T) e.V. , der Akademie für Film- und Fernsehdramaturgie, angenommen hat. Im Schatten des Petersdoms tagten renommierte Referent*innen im Centro Congressi Augustinianum: Drehbuchautorinnen, Redakteure, Regisseurinnen, Produzentinnen und Theologen. Nachdem 2020 pandemie-bedingt kein Symposium stattfinden konnte, schien auch die Tagung 2021 zunächst bedroht. Dr. Anton Magnus Dorn, Ehrenvorsitzender und T:T-Gründer, berichtete vor den Grußworten aus dem Vatikan (Benedikt Steinschulte, ehem. Referent im Päpstlichen Rat für soziale Kommunikationsmittel) von den corona-bedingten Planungsschwierigkeiten, weshalb das Symposium – anders als üblich – nicht im Frühjahr, sondern erst im Herbst stattfand (18.-20. November). Glücklicherweise konnte Dorn aber auch feststellen, dass fast alle Referent*innen es trotzdem, unter Hygieneauflagen, nach Rom geschafft hatten.

So auch Prof. Dr. jur. Herta Däubler-Gmelin, Bundesjustizministerin a.D., die das Verhältnis von Rechtsstaat und Gerechtigkeit anschaulich erörterte: Der Rechtsstaat allein garantiert keine Gerechtigkeit; umgekehrt ist nicht alles, was gerecht scheint, vom Rechtsstaat gedeckt. Als Beispiel nannte sie einen Fall aus Massachusetts, USA: Ein Sklave klagte um 1800 erfolgreich auf seine Freiheit. Seine Frau hingegen durfte gar nicht klagen, weil sie eine Frau war. "Massachusetts war durchaus ein Rechtsstaat, aber nicht in unserem heutigen Sinne."

In einem Parforceritt durch die Geschichte seit Hammurapi (ca. 1750 v. Chr.) beleuchtete Däubler-Gmelin wesentliche Merkmale des Gerechtigkeitsempfindens. Seit jeher war der Ruf nach Gerechtigkeit verbunden mit "Kontrolle, Kritik und Bestätigung der Herrschenden" durch Gelehrte und Philosophen – heute auch durch Soziologen, Ökonominnen, Juristen und andere mehr. Brachte Aristoteles bereits den Aspekt der politischen Partizipation der Bürger ein, so schuf der römische Kaiser Justitian die "Grundlage des heutigen Begriffs" der Gerechtigkeit. Die frühen Christen unterschieden zwischen irdischer und göttlicher Gerechtigkeit – letztere ist nach Martin Luther nur durch Gottes Gnaden (sola gratia) zu erlangen. Immanuel Kant verwies auf das "Gebot der Gleichheit", das dem modernen Alltagsverständnis schon sehr nahekommt: Viele Seminarteilnehmer*innen assoziieren mit Gerechtigkeit "Freiheit, Gleichheit, Fairness".

Weitere Merkmale wie "Verfahrensgerechtigkeit" (Habermas) und "Machtkontrolle" (franz. und anglophon. Philosophen) sind Grundlage für den Rechtsstaat, der dazu laut Däubler-Gmelin Instrumente der vertikalen und horizontalen Gewaltenteilung braucht: z.B. freie Medien und Gewerkschaften (horizontal) einerseits und Föderalismus (vertikal) andererseits. Allerdings, so bemängelt die Bundesjustizministerin a.D., hapert es in jüngster Zeit an der Partizipation, da der Gesetzesapparat immer komplexer wird: "Die Bereitschaft der Leute, sich in einen Sachverhalt einzuarbeiten, nimmt ab". Damit erinnert sie an das Diktum Ernst-Wolfgang Böckenfördes: "Der freiheitliche, säkularisierte Rechtsstaat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann". Zudem gebe es laut Däubler-Gmelin viele Lücken im Rechtsstaat: "Wir leben jeden Tag auf Kosten anderer. Das geht unter dem Aspekt der Gerechtigkeit nicht". Immerhin gibt es auch Lichtblicke wie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen die unzureichende Klimapolitik der Großen Koalition. Gerechtigkeit werde mehr und mehr im globalen Kontext wahrgenommen, was auch im später gezeigten Film "Ökozid" (s.u.) verhandelt wird.

Im Anschluss an ihr Referat stellte sich Däubler-Gmelin den Fragen der Teilnehmenden und brillierte dabei mit hoher Expertise und intelligentem Witz. "Das Bundesverfassungsgericht kontrolliert den Gesetzgeber, aber wer kontrolliert das Bundesverfassungsgericht?"; "Mit welchem Recht urteilen wir im demokratischen Westen, was anderswo gerecht sei?"; "Wie entstehen Gesetze im Sinne der Menschenrechte, wo verschiedene Staaten dazu noch nicht Willens sein sollten?"; "Sollte die EU schärfere Schwerter zur Durchsetzung europäischen Rechts haben als Sanktionen?"; "Ufert unser Föderalismus nicht aus?" ...

Daniela Mussgiller, bis 2020 Redakteurin für Film, Familie und Serie beim NDR Hamburg, inzwischen beim mdr, stellte den Polizeiruf 110 "Für Janina" (2018) vor. Darin geht es um "Fragen, die uns zerreißen: Sollte eine Polizistin Beweise fingieren, wenn ein zweifelsfrei erkannter Sexualstraftäter und Mörder nur so überführt werden kann? Oder rüttelt diese Art der Selbstjustiz und des Amtsmissbrauchs zu sehr am Fundament des Rechtsstaats, der ja ein gerechtes Verfahren für alle garantieren soll? Zunächst bleibt unklar, ob die Polizistin bloß für die eigene Genugtuung oder für den inneren Frieden der Hinterbliebenen eines Opfers handelt. Mussgiller versprach eine Fortsetzung des Falles im kommenden Jahr, was auch einer Juristin für Jugendschutz beim NDR zu verdanken ist: "So könnt ihr das nicht stehenlassen", habe es geheißen. Ob die Polizistin für ihre Handlungen noch wird geradestehen müssen, zeigt sich 2022.

Dr. Anna Maria Riedl, Lehr- und Forschungsbeauftragte für Theologische Ethik am Institut für Sozialethik an der Universität Luzern, gründete ihr Referat auf die Zielperspektive, die Sozialethik entwickeln will: "Wie erreichen wir mehr Gerechtigkeit"? Riedl führte aus, wie die moderne Sozialethik entstand und welche Entwicklungen sie bis heute kennzeichnen. Den Begriff der "sozialen Gerechtigkeit" entwickelte der Jesuit Luigi Capparelli SJ, ein Lehrer des Papstes Leo XIII., der 1891 schließlich die erste sozialethische Enzyklika, rerum novarum, verfasste. Angesichts der Individualisierung im liberalen kapitalistischen Westen und der Kollektivierung in kommunistischen Ländern entstanden neue gesellschaftliche Herausforderungen etwa im gerechten Umgang mit verarmten Arbeitern bzw. der Arbeiterklasse. In dieser sogenannten "sozialen Frage" wollte Leo XIII. einen "Dritten Weg" finden, um auf die Notlagen der Menschen im Industriezeitalter zu reagieren. Über das Zweite Vatikanische Konzil erreichten in den 1960er-Jahren schließlich die Menschenrechte die sog. Katholische Soziallehre.

Doch bis heute gibt es auszuhandelnde Desiderata in der Frage "Wie erreichen wir mehr Gerechtigkeit?". Dabei knüpft Riedl z.T. an Däubler-Gmelin an. Es bedürfe mehr weltgesellschaftlicher Perspektiven, insbesondere postkoloniale. Zudem sei der Zugang zur Erwerbstätigkeit heute vielerorts sogar schwerer als früher, die Löhne in Relation niedriger, und Sicherheiten wie Tarifverträge und Festanstellungen schwinden zunehmend. Politische Partizipation wird aufgrund von Bürokratie und Komplexität immer unzugänglicher. Im Gesellschaftlichen und kulturellen Bereich stellen sich hier Fragen zur Inklusion und Diversität. "Von oben" aber kann Partizipation nicht verordnet werden, das sei – so Riedl – paternalistisch. Sie plädiert für Ansätze "von unten" und verweist auf die lateinamerikanische Befreiungstheologie mit ihrem Fokus auf die Armen. In dieser Tradition steht auch Papst Franziskus, der mit Laudato si' 2015 die erste sozial-ökologische Enzyklika verfasste.

In der anschließenden Diskussion ging es um Menschenrechte in der Institution Kirche selbst (Stichwort Partizipation von Frauen), aber auch um Corona-Leugner*innen und Impf-Gegner*innen. Zwar gebe es ein großes Interesse daran, diese Leute im Diskurs zurückzugewinnen, aber das sei keine ethische Pflicht. Nicht jeder, der schreit, dass er sich ungerecht behandelt fühle, werde tatsächlich ungerecht behandelt. In Punkto "Schutz des Lebens" hingegen habe die Kirche eine große Chance verpasst: In der Werbung für Hygienemaßnahmen und Impfungen hätte sie ihre Kompetenzen auf diesem Gebiet gut zur Geltung bringen können.

Josef Lederle, der leider nicht anreisen konnte, ließ seinen Tagungsbeitrag von Mussgiller vorlesen. In einer literarisch hochwertigen und humorvollen Kritik an Filmkritik mahnte er an, dass es Kritikern nicht bloß um ihren Geschmack gehen dürfe. Gute Filmkritik beziehe ihre Legitimation aus gebildeter Reflexion, ist damit auch Gesellschaftskritik und nicht bloß "Konsumberatung".

Gerechtigkeit in Filmen – Gerechtigkeit beim Filmen

Ein Höhepunkt des Symposiums war die große Diskussion, moderiert von Wolfgang Cimera, Geschäftsführer vom "Network Movie Film- und Fernsehproduktion, Köln". Auf dem Podium saßen Lars Becker (Regisseur, Drehbuch- und Krimi-Autor), Alexander Bickel (Leiter WDR: Programmbereich Fiktion), Elke Müller (Redaktionsleiterin ZDF: Reihen und Serien II) und Christoph Pellander (Abteilungsleiter Redaktion und Programm-Management: ARD Degeto). Schon früh öffnete sich die Debatte für das gesamte Plenum, das nicht nur über Gerechtigkeit in Filmen, sondern auch über Gerechtigkeit beim Filmen sprechen wollte.

Lars Becker machte den Aufschlag mit einem Plädoyer für mehr Diversität. Von rund fünfzig Tatort-Kommissaren hätten bloß drei erkennbar einen sogenannten Migrationshintergrund. Die einzige Person of Color (PoC) beim neulichen Reboot von "Wetten dass ..." sei gefragt worden, woher sie komme. Rassismus gebe es auch im bislang erfolgreichsten deutschen Film "Willkommen bei den Hartmanns". Wo PoC vorkommen, erhalten sie bloß archetypische Musterrollen in Ein-Themen-Filmen. Man müsse auch bislang untypische Rollen diverser besetzen, um Identitätsfiguren zu schaffen. Christoph Pellander ergänzte, dass es in Fragen des Casts auch gerechter in Genderfragen, bei der Repräsentation anderer Religionen, dem Verhältnis von Alt/Jung, Stadt/Land usw. zugehen müsse: "Diversität ist sehr vielfältig. Das muss auch in der Ausbildung der Filmemacher verankert werden." Alexander Bickel stellte fest, dass diese Themen nicht nur in Fachkreisen wichtig seien, sondern auch von den Zuschauern eingefordert werden. Elke Müller räumte ein, dass die öffentlich-rechtlichen Sender in diesen Punkten Nachholbedarf hätten, jedoch seien auch die Zuschauer und nicht zuletzt die Redaktionen selbst noch nicht divers genug. Mit dem Hinweis auf das schwindende Interesse junger Menschen für lineares Fernsehen aber auch für die Mediatheken der klassischen Sender erweiterte Müller die Debatte um die Frage, wie künftige Generationen besser zu erreichen seien. Becker plädierte in diesem Zusammenhang dafür, dahin zu gehen, "wo es wehtut" – damit erreiche man auch jüngere Menschen.

Die Diskussion warf viele Fragen im Plenum auf: Müssen die Schauspieler einer Serie über Homosexuelle (Bsp. "All you Need") selbst schwul sein? Muss ein schwarzer Schauspieler aus demselben Land kommen wie die Figur seiner Rolle? Geht es um den "besten Cast" oder um den "diversesten Cast"? Warum sollte eine PoC-Rolle nicht wie selbstverständlich "Schmidt" oder "Müller" heißen? Damit griffen die Seminarteilnehmer*innen aktuelle Debatten auf, die den gesamten Kulturbetrieb auch in Zukunft sehr beschäftigen werden: die Stärken und Stolpersteine moderner Identitätspolitik.

Prof. Dr. Reinhold Zwick veranschaulichte den Wandel des Gerechtigkeitsbewusstseins über die Entstehungszeit des Alten Testaments. In den frühen Schriften des Judentums heißt es noch "Gerechtigkeit errettet vom Tode" (Spr 10,2), und der Herr kenne den Gerechten. Das Weltbild ist vom Tun-Ergehen-Zusammenhang bestimmt; daher rühren auch Sprichwörter, die sich bis heute halten: "Wer anderen eine Grube gräbt ...". Der Gott Jahwe garantiert diesen Zusammenhang, kann aber auch selbst nach Gutdünken eingreifen, etwa wenn er die reumütigen Bewohner der Stadt Ninive verschont, anstatt sie zu strafen. Das Problem ist: Die Gerechten leiden ja doch (z.B. Hiob), und manch ein Ungerechter führt ein glückliches gesundes Leben. Den Tiefpunkt des Frustes ob dieser Ungerechtigkeit bilde das Buch Kohelet, das fast an Nihilismus grenze ("Alles ist Windhauch"). Überwunden wird diese Unzufriedenheit mit der Hoffnung auf Gerechtigkeit nach dem Tod, auf Gottes Gerichtshandeln spätestens am "jüngsten Tag" (Ps 94). Gottes Zorn wird sichtbar in Sodom und Gomorrha oder in den ägyptischen Plagen. Im Neuen Testament wird dieser Gedanke fortgeführt, besonders in der Offenbarung (griech. Apokalypse) des Johannes. Zur Veranschaulichung des alttestamentarischen Gerechtigkeitsverständnisses zeigte Zwick Referenzen und Ausschnitte aus Werken Pier Paolo Pasolinis (La Ricotta 1963; Il Decameron 1971), Lars von Triers "House that Jack built" (2018, anspielend auf Dantes Inferno), Allen Barons "Blast of Silence" (1961), Abel Ferraras "Bad Lieutenant" (1992) und James Grays "Little Odessa" (1994).

Jutta Doberstein, Drehbuchautorin von "Ökozid" (2020), der derzeit in den Goethe-Instituten weltweit ausgestrahlt wird, wies auf das große Interesse am Fernsehfilm in Talkshows und Medien hin. Das Thema des Klimawandels und der Verantwortung der deutschen Regierung polarisiere stark. Zwar war der ursprüngliche Pitch zum Film: "Wir bringen Merkel vor Gericht" – tatsächlich tritt die ehemalige Kanzlerin dort aber im Jahr 2034 als Zeugin auf. Vor Gericht stehen die Bundesregierungen von Schröder und Merkel; Kläger sind einige besonders stark vom Klimawandel betroffene Staaten. Ihnen geht es um Artikel 6: das Recht auf Leben und daraus resultierend die Unversehrtheit der Natur. Angehört werden neben den Betroffenen auch Lobbyverbände etwa der Autoindustrie. Die Namen sind laut Doberstein z.T. Fiktion – die zahlreichen Fakten und juristischen Feinheiten aber seien in Abstimmung mit dem Max-Planck-Institut sehr gut recherchiert. Der Verteidiger der alten Bundesregierungen vertritt in "Ökozid" den Standpunkt: "Keiner hatte geltendes Recht gebrochen" – eben deshalb sei es, so die Drehbuchautorin in der anschließenden Diskussion, Aufgabe der Politik, nicht nur der Gerichte, rechtzeitig zu handeln.

Prof. P. Philipp Renczes SJ, Dekan der Theologischen Fakultät an der Päpstlichen Universität Gregoriana, schloss auf hohem fachlichen Niveau an Zwicks Vortrag an. Zum Gerechtigkeitsbegriff im Neuen Testament entwickelte er sechs prägnante Thesen. Gerechtigkeit entstehe immer erst in Beziehungsverhältnissen: Gott zu sich selbst, Menschen zueinander, Gott zu den Menschen und die Menschen zu Gott. Im NT gehe es zuvorderst um Gottes lange Geschichte seiner Zuwendung zu den Menschen, die im Erlösungswerk Jesu Christi ihren Höhepunkt erreiche: Der Sohn Gottes gibt sich hin für die Sünden der Welt. Diese besondere göttliche "Gnade" wird von Theologen in der Antike und im Mittelalter zunehmend von "Gerechtigkeit" auf Erden unterschieden, vor allem bei Martin Luther und den protestantischen Kirchen. Im Anschluss an Anna Riedls Vortrag verweist Renczes SJ auf ein Wiedererwachen des Gespürs für "menschliche Gerechtigkeit" in der Gegenwart. Insbesondere die "Befreiungstheologie" mit ihrer "Option für die Armen" durchbreche alte Gerechtigkeitsvorstellungen. Aktuelle Herausforderung für die Theologie sei eine inhaltliche Differenzierung oder Zusammenführung zwischen der menschlichen Gerechtigkeit und Gottes Gerechtigkeit.

Heike Streich und Robert Hummel (Produzentin: Real Film Berlin GmbH; Drehbuchautor) zeigten den ZDF-Krimi über Clan-Kriminalität "Gegen die Angst" (2019), der das Plenum begeisterte und aufwühlte, da das Schaffen der Gerechtigkeit hier auf tragische Weise zusätzliche Opfer fordert. Elke Müller etwa hält dieses Ende für "konsequent, weil die Welt nicht immer gerecht ist". Bis heute sei der Film laut Hummel jener mit der höchsten Abrufzahl in der Mediathek. Insbesondere der authentische Cast aller dargestellten Milieus wurde von den Seminarteilnehmer*innen explizit gelobt als ein Paradebeispiel im Umgang mit den Herausforderungen, die in der Podiumsdiskussion verhandelt wurden: Gerechtigkeit nicht nur im Film, sondern auch beim Filmen.

Bereichert wurde die Tagung nicht zuletzt durch die geistlichen Impulse von Bruder Helmut Rakowski OFMCap, geistlicher Direktor der Journalistenschule ifp in München. In der römischen Morgensonne reflektierte er das Tagungsthema aus religiöser Perspektive.

Bericht: Philipp Adolphs (Verlag Herder, Berlin)
Fotos: Axel Melzener (Dozent, Interspherial Drehbuchschule)