James Bond im Vatikan

Nein, es fanden keine Dreharbeiten für einen Bond-Film im Schatten des Peterdomes statt. Dennoch war der Filmheld im Vatikan präsent. Es ging um das Männerbild, das der Geheimagent ihrer Majestät seit Jahrzehnten in seinen Filmen verkörpert. "Von Connery bis Craig - soziale Konstruktionen von Männlichkeit im Siegel der James-Bond-Filme" Darüber referierte Stefanie Knauss im Rahmen des Symposions "Männer im Film - Von David bis Rambo", das der Verein top-talente e.V. in Zusammenarbeit mit der katholischen Fernseharbeit in Frankfurt vor kurzem im Vatikan veranstaltet hat.

Unter der Leitung von Anton-Magnus Dorn, Geschäftsführer von top-talente e.V. und Gerwin Dahm, Produzent der Produktionsfirma ndf in Hamburg, waren zum vierten Mal in Folge Drehbuchautoren, Regisseure, Produzenten und Redakteure in den Tagungsraum des Campo Santo Teutonico, am deutschen Friedhof auf vatikanischem Staatsgebiet, eingeladen, um über ethisch relevante Themen der Filmarbeit für Kino und Fernsehen ins Gespräch zu kommen und innovative Anstöße anzuregen.

Stefanie Knauss, Dozentin in Trient, zeigte auf, wie sich die Figur des Agenten 007 vom Womenizer Sean Connery in den Bond-Filmen der 60er und 70er Jahren zum mittlerweile nachdenklich gewordenen und emotional leidenden Daniel Craig als Bonddarsteller im 3. Jahrtausend verändert hat. Ebenso gewandelt hat sich damit auch das Frauenbild der sogenannten "Bond-Girls", die in den Streifen nun mehr zu selbstbewussten Frauen werden. Unter dem Titel "gender trouble in paradise - oder: Wie alles mit dem Mann begann" referierte Marie-Theres Wacker, Professorin am Seminar für Exegese des Alten Testaments an der Universität Münster die Grundlagen des biblischen Menschen- und Männerbilds. Gemeinsam mit Produzent Uli Aselmann sahen die Teilnehmer des Symposions den Film "Winterreise" aus dem Jahr 2006 mit Josef Bierbichler, Hanna Schygulla und Sibel Kekilli in den Hauptrollen. Eine Charakterstudie, in der Bierbichler den manisch depressiven Brenninger spielt, der seine Familie zerstört. "Mir hat dieser Mensch imponiert, vor allem seine unangepasste Ehrlichkeit. Der Typ ist imposant. Weil er sich eben nicht ‚benimmt'. Wie oft hat man selber Lust, mal richtig loszulegen, aber erlaubt es sich nicht. Brenningers Kraft - auch seine Kraftausdrücke - wirken befreiend. Ich habe mich jedenfalls sehr weit mit Brenninger identifiziert", sagte Uli Aselmann.

Der Münsteraner Professor Reinhold Zwick beschrieb die Wandlungen des Männerbildes im so genannten "Heiligen-Film. Am Beispiel von Verfilmungen des Lebens des heiligen Franz von Assisi von Roberto Rosselini in den 60er Jahren, über die Franziskus-Filme von Pasolini und Franco Zeffirelli bis zu Liliana Gavani, die mit Mickey Rourke in der Hauptrolle, den bislang letzten Franziskusfilm in den 80er Jahren ins Kino gebracht hat, zeigte Zwick auf, wie ein historischer Stoff auch den Männerbildern der jeweiligen Produktionszeit unterworfen ist.

Eine lebhafte Podiumsdiskussion zum Thema "Veränderungen der Männerrolle in Serien und Fernsehspielen" zeigte, welche Männerbilder auf den verschiedenen Sendeplätzen der großen Sender eine Rolle spielen. Saskia Berg von RTL betonte die Bedeutung der Action in der erfolgreichen RTL-Serie "Alarm für Cobra 11" für die Zielgruppe der Männer. Die Redakteure Daniel Blum (ZDF) und Gunter Eschke (Sat.1) referierten die Besonderheiten der Sendeplätze für Sonntagabendfilme im ZDF oder im kleinen Fernsehspiel oder die TV-Movies auf Sat.1.

Die Sicht des Schauspielers bediente August Zirner auf dem Podium.

Am letzten Tag des Symposions stellte der Jesuitenpater und Psychotherapeut Professor Hans Zollner von der päpstlichen Universität Gregoriana die Frage, ob denn der Mann ein Fall für den Artenschutz sei? Die augenzwinkernd gestellte Frage beantwortete er mit dem Hinweis, dass Männer zwar nicht vom Aussterben bedroht seien, aber die Gesellschaft solle ihnen helfen zu leben. Dies könne geschehen, indem man nicht alles verdamme, was im überlieferten Bild des Mannes stecke. Zollner appellierte an die Filmemacher, dass sie helfen könnten, dass Männer sich in der Gesellschaft neu positionieren könnten. Professor Andreas Gruber von der Hochschule für Film und Fernsehen in München hielt zum Abschluss eine "Polemik gegen die Emotion" und sprach "Wider die Dramaturgie von Heldinnen, die auch nur Männer sind - oder die Sehnsucht nach normalen Menschen ohne gender mainstreaming."

Benedikt Steinschulte vom päpstlichen Medienrat rundete die Tagung ab, indem er die politischen und kirchlichen Strukturen des Vatikans erklärte und Einblicke in die Arbeit der päpstlichen Kurie gab. Auch für das Jahr 2010 hat der Verein top-talente e. V. das schon mittlerweile traditionelle "Vatikan-Symposion" in seinem Programm. Weitere Informationen unter www.top-talente.de.